
Digital und Dental: Was möglich ist und möglich wird
Die Digitalisierung der Dentalwelt schreitet unaufhaltsam vorwärts. Digital und Dental rücken immer enger zusammen. Dadurch bieten sich Ihnen als Zahnärzte zahlreiche Vorteile. Lesen Sie in diesem Blogpost, wie Sie digitale und analoge Arbeitsweisen klug kombinieren und dadurch noch effizienter und sicherer arbeiten können.
Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. med. dent. Daniel Edelhoff (Deutschland)
Mehr Effizienz durch CAD und CAM
Die Welt – auch die dentale – verändert sich zügig. Wir leben in einer Hochleistungskultur, in der erwartet wird, praktisch alles immer schneller und effizienter werden zu lassen. Die Digitalisierung trägt erheblich dazu bei. Sie hat auch die dentale Welt erfasst. Immer mehr Arbeitsschritte werden digital vorgenommen, immer mehr digitale Inseln in die analoge Welt eingebaut.
Die Digitalisierung in der Dentalbranche bietet bereits jetzt erhebliche Vorteile, die viele Zahntechniker und Zahnärzte überzeugt haben. Dazu gehören vor allem die Standardisierung von Arbeitsschritten, eine Steigerung der Materialqualität und reproduzierbare Restaurationen. Zahntechniker können heute durch die digitale Bildgebung wie DVT und 3D-Gesichtscanner von Seiten der Zahnärzte so viele Informationen vom Patienten erhalten wie nie zuvor. Dadurch wird die Vorhersagbarkeit einer zahntechnischen Arbeit erhöht, sodass sie das Ziel sicherer und effizienter erreichen können.
Behandlungsplan, Probefahrt und Monitoring
Für mich als Zahnarzt sind bei komplexen Behandlungen drei Dinge entscheidend:
- die Planung als roter Faden für die gesamte Behandlung,
- die Probefahrt des Restaurationsentwurfs und
- das Monitoring.
Viele Eingriffe führen nicht zum gewünschten Erfolg, weil ihnen kein geeigneter – und vielleicht überhaupt kein – Behandlungsplan zugrunde liegt. Dank der Möglichkeiten der CAD/CAM-Technologie sind dort aber inzwischen enorme Fortschritte zu verzeichnen.
Bei der Planung geht es unter anderem darum, die von verschiedenen Komponenten gewonnenen Daten zusammenzuführen, um sie bestmöglich gemeinsam zu nutzen. Wir haben schon jetzt viel mehr Planungssicherheit als noch vor zehn Jahren. Probleme gibt es zurzeit noch mit einigen Schnittstellen. Damit die Einzelsysteme eine gemeinsame Sprache sprechen, sollten diese weiter ausgebaut und verbessert werden.
Beim Monitoring lässt sich konstatieren, dass wir bestimmte Situationen wie die Ausgangssituation scannen und dann nach Ablauf einiger Zeit durch einen zweiten Scan, der überlagert wird, vergleichen können. Auf diese Weise lassen sich mögliche Veränderungen feststellen und frühzeitig Probleme erkennen. Anhand der erhobenen Daten können wir dann entscheiden, ob eine restaurative Therapie sinnvoll oder gar notwendig ist.
Möglichst viel Zahnsubstanz erhalten

Ein wichtiger Vorteil von CAD/CAM ist auch, dass sich sehr minimalinvasive Eingriffe durchführen lassen.
Beispiel Frontzähne: Während bei einer klassischen Vollkrone rund 70 Prozent der Zahnhartsubstanz geopfert werden, «kosten» 360°-Veneers nur rund 30 Prozent an Zahnhartsubstanz. Und da bei Veneers der Trend zu monolithischen Arbeiten geht, wird CAD/CAM auch dort immer wichtiger.
Beispiel Seitenzähne: Während für Vollkronen ebenfalls ungefähr 70 Prozent an Zahnhartsubstanz entfernt werden, erfordern Teilkronen einen Abtrag von nur ca. 32 Prozent. Und Teilkronen (aus Vollkeramik) oder sogenannte Okklusionsonlays sind monolithisch mittels CAD/CAM-Technik herstellbar.
Der Nutzen digitaler Prozesse für Sie als Zahnärztin/Zahnarzt und nicht zuletzt auch für die Patienten liegt damit klar auf der Hand. Für die Zukunft muss es das Ziel sein, immer substanzschonendere Verfahren zu entwickeln. Konkret schwebt mir vor, dass verlorengegangener Zahnschmelz rein additiv – also auftragend – ergänzt wird, ohne dass man die noch vorhandene Zahnhartsubstanz zusätzlich antasten muss. Dank der digitalen Möglichkeiten und zuverlässiger Vollkeramiken sind wir bereits auf einem guten Weg.
CAD/CAM-Materialien sind zuverlässig
Damit komme ich zum Thema Material, das mir in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig ist. Dank CAD/CAM können wir heute mit grossartigen Materialien arbeiten, die uns vorher nicht zugänglich waren. Ein Beispiel ist Zirkonoxid; ein anderes sind Hochleistungspolymere. Beispielsweise sind CAD/CAM-gefertigte zahnfarbene Polycarbonat-Schienen für die funktionelle und ästhetische «Probefahrt» eine grosse Bereicherung, zumal ich unter der Schiene weiterarbeiten kann. Das ist nur durch die Digitalisierung möglich geworden. Abschliessend lässt sich zu CAD/CAM-gefertigten Materialien sagen: Sie zeigen aufgrund der standardisierten Herstellung eine hohe Zuverlässigkeit.
Verlässliches Monitoring: auch nach Rehabilitation möglich
Es gibt viele weitere Aspekte, auf die ich hier eingehen könnte. Zum Beispiel existiert eine spezielle Software, die ermittelte Patientenwerte von Scans übereinanderlegt. Damit lässt sich prüfen, wie viel Zahnhartsubstanz über mehrere Jahre nach einer Restauration verlorengeht, etwa durch Abrasion. Ein Langzeit-Monitoring durch regelmässige Scans, das sich womöglich über Jahrzehnte erstreckt, kann dabei helfen, künftige Entwicklungen zu prognostizieren und zielgenau Restaurationen zu planen. Davon abgesehen, lassen sich auf diese Weise verlässliche Aussagen zur Haltbarkeit von Materialien treffen.
Daten für gute Kommunikation
Die Digitalisierung ist nichts völlig Neues und manches bereits selbstverständlich geworden. So stellt die digitale Fotografie bereits eine allgemein etablierte Errungenschaft dar. Mithilfe digitaler Patientenfotos ist es dem Zahnarzt möglich, die Kommunikation mit dem Zahntechniker zu optimieren. In Zukunft werden sich noch weitere Möglichkeiten bieten, die heute schon ansatzweise vorhanden sind. Dabei steht immer das Ziel im Vordergrund, dem Zahntechniker möglichst zahlreiche brauchbare Informationen zu übermitteln, damit er das bestmögliche Resultat erzielt. Die Kommunikation zwischen Zahnarzt und Zahntechniker ist wesentlich für den Behandlungserfolg – und damit für die Zufriedenheit der Patienten.
Die dritte Dimension erschliessen
Konkret wünsche ich mir, dass durch den Gesichtsscan in Zukunft die dritte Dimension Einzug in die Behandlungen hält. Damit wird sich noch präziser und patientenspezifischer planen und arbeiten lassen. Beim Gesichtsscan sind meines Erachtens Bewegungen wesentlich. Bevor die Behandler mit ihrer Arbeit beginnen, sollten ihnen unbedingt die mimische Muskulatur, die Okklusion und die Phonetik sichtbar sein.
Am Schluss bleibt alles analog
Digitale Prozesse werden zunehmend wichtiger. Jeder Behandler tut gut daran, sie im Rahmen seiner Möglichkeiten in seinen Berufsalltag zu integrieren. Er erleichtert dadurch seine eigene Arbeit und jene des Zahntechnikers. Durch effizientere Behandlungen und hochwertige Resultate wird er auch zufriedenere Patienten haben.
Natürlich kann CAD/CAM nicht alles. Vielmehr geht es darum, die Stärken digitaler Prozesse – vor allem Zuverlässigkeit, Reproduzierbarkeit und Standardisierung – klug und besonnen mit den Vorteilen analoger Arbeitsschritte – in erster Linie Ästhetik und Kreativität – zu kombinieren. Denn auch wenn Maschinen und Software vieles leisten können: Der Fachmann – und damit der Mensch – bleibt unverzichtbar. «Man made» bleibt vermutlich schöner als «machine made». Und nur der Mensch kann definieren, was guter Geschmack ist. Nur er bringt die unverzichtbare Empathie und das Vertrauen in der Kommunikation mit dem Patienten auf. Bekanntlich wird auch am Schluss einer High-Tech-Behandlung alles wieder analog, weil es beim Patienten endet, der die Restauration händisch eingesetzt bekommt.

Der Autor
- 1979 - 1982 Ausbildung zum Zahntechniker
- 1982 Gesellenprüfung
- 1986-1991 Studium der Zahnheilkunde
- 1994 Promotion
- 2003 Habilitation (Venia Legendi)
- Seit 2014 Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik am Klinikum der Universität München.
Wissenschaftliche Schwerpunkte: Adhäsivtechnik, vollkeramische Restaurationen, Gesamtrehabilitationen, Intraoral-Scanner, CAD/CAM-Technologie, Hochleistungspolymere, Aufbau endodontisch behandelter Zähne, Implantatprothetik
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