
Expertentipp: Machen Sie sich fit für die Digitalisierung der Zahnmedizin
Die digitalen Technologien revolutionieren die Arbeitsprozesse in Zahnarztpraxis, Klinik, Industrie und Dentallabor. Längst ist absehbar, dass in den kommenden Jahren der vernetzte digitale Workflow alle Dentalbereiche erfassen wird. Aus diesem Grund ist es Prof. Dr. med. dent. Bernd Kordass von der Universität Greifswald/Deutschland ein wichtiges Anliegen, in der Dentalbranche das Bewusstsein für die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung zu schärfen und die Anwender in Praxis und Labor zu motivieren, sich hier weiterzuentwickeln. Erfahren Sie mehr in dem folgenden Interview.
Herr Professor Kordass, die Digitalisierung hat auch die Dentalwelt erfasst. Sind heutige Zahnmediziner gut darauf vorbereitet?
Prof. Dr. Bernd Kordass: Es gibt Zahnmediziner, die sich schon intensiv mit diesem Thema beschäftigen und die den digitalen Weg bereits eingeschlagen haben. Die Mehrheit verhält sich aber noch skeptisch und abwartend. Dabei steht aus meiner Sicht fest, dass an der Digitalisierung auch in der Zahnmedizin kein Weg vorbeiführt. Eine Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Thema ist deshalb aus meiner Sicht unumgänglich.
Was raten Sie Zahnmedizinern konkret?
Prof. Dr. Bernd Kordass: Ich rate ihnen, etwaige Berührungsängste abzubauen und offen auf das Thema zuzugehen. Ergebnisoffen zu prüfen, ob sich das Thema Digitalisierung für die eigene Zukunftsplanung eignet. Und es, falls das Ergebnis dieser Prüfung positiv ausfällt, in die eigene Praxis- oder Laborstrategie zu integrieren. Im Übrigen können sich Zahnmediziner und Zahntechniker auf diese Weise gut spezialisieren und sich dadurch von anderen Praxen und Laboren differenzieren.
Wer sich entschlossen hat, sich auf die Digitalisierung einzulassen, sollte sich professionell damit auseinandersetzen, zum Beispiel durch entsprechende Fort- und Weiterbildungen. Nur so kann man Experte werden.
Welche Rolle spielt das Thema Digitalisierung im zahnmedizinischen Studium?
Prof. Dr. Bernd Kordass: Bei uns in Deutschland spielt es leider noch längst nicht die Rolle, die es angesichts seiner heutigen und vor allem künftigen Relevanz meines Erachtens spielen sollte. An der Universität Greifswald stellen die Studierenden bis zum Examen CAD/CAM-gefertige Restaurationen her und gliedern sie am Patienten ein. Damit das möglich ist, haben wir unsere Trainingsprogramme im vorklinischen Studienabschnitt umgestellt. Aber ohne Frage: In der unversitären Ausbildung steckt dieses Thema noch in den Kinderschuhen.
In Deutschland gibt es neuerdings einen Studiengang «Digitale Dentaltechnologie». Was hat es damit genau auf sich?
Prof. Dr. Bernd Kordass: Es handelt sich um einen Masterstudiengang der Universität Greifswald – ein weiterbildendes und berufsbegleitendes Studium in der Zahnmedizin, das sich an Interessierte der digitalen Dentaltechnologie richtet. Wir wollen damit alle Akteure der Dentalbranche ansprechen, die essenziell an der Entwicklung und Durchführung des «digitalen Workflows» beteiligt sind, konkret:
- Zahnärzte, die ihre Praxis und ihr Praxislabor digital betreiben oder umstellen wollen,
- Ingenieure und Betriebswirtschaftler mit Bezug zur Dentaltechnologie sowie
- qualifizierte und erfahrene Zahn- und Dentaltechniker.
Die Präsenzlehre findet landesweit und überwiegend in Wochenendmodulen bei den Experten vor Ort statt. Zur Vertiefung und praktischen Anwendung der Lehrinhalte wird zu jedem Modul eine Hausaufgabe gestellt. Das Studium kann berufsbegleitend und ortsunabhängig in 2½ Jahren absolviert werden. Die Absolventen schliessen es mit einem international anerkannten Hochschulabschluss ab: Sie erwerben einen Master of Science, der dem ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) folgt. Jeder Teilnehmende, der dieses Programm erfolgreich durchläuft, investiert somit in eine zukunftsorientierte Berufsqualifikation.
Vor 1½ Jahren wurde gestartet, es beginnt bald wieder ein neuer Durchgang. Interessierte können sich an masterzahn@uni-greifswald.de wenden. Ähnliche Initiativen gibt es auch in anderen Ländern. Auch dort gibt es Möglichkeiten, sich zu dem Thema weiterzubilden.
Lesen Sie auch den Beitrag "Digitale Zahnmedizin: Wie virtuelle Kiefervermessung Prothetik effizienter macht" von Prof. Dr. Bernd Kordass im neuen Reflect-Magazin.
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