
Interview: So bilden Zahnarzt und Zahntechniker ein erfolgreiches Dental-Team
Die zwei sind ein starkes, hervorragend eingespieltes Dental-Team: Zahnärztin Prof. Dr. Irena Sailer und Zahntechnikermeister Vincent Fehmer arbeiten erfolgreich zusammen an der Universitätszahnklinik Genf/Schweiz. Dort suchen und finden sie innovative Behandlungsmethoden, indem sie die Möglichkeiten neuer Technologien und Konzepte ausloten. Das Thema digitale Zahnmedizin spielt dabei eine wichtige Rolle. Ausserdem treten die beiden Profis international auf Kongressen und Fortbildungen auf. Im Interview verraten sie, was ein gutes Dental-Team ausmacht und worauf es bei der Zusammenarbeit Zahnarzt-Zahntechniker ankommt. Lesen Sie mehr!
Seit wann arbeiten Sie beide zusammen?
Prof. Dr. Irena Sailer: Seit 2009, also inzwischen seit mehr als acht Jahren.
(Wie) hat Ihre Zusammenarbeit das Verständnis für die Bedürfnisse und für die Arbeitsweise des jeweils anderen verändert?
Vincent Fehmer: Unser Verständnis für das Gegenüber hat sich dadurch extrem verändert. Dies umso mehr durch die räumliche Nähe: Bei uns liegen Labor und Klinik nebeneinander. Die Wege sind also extrem kurz. Das ermöglicht uns, alle Details miteinander zu besprechen und gemeinsam anzuschauen. Bei bestimmten Arbeitsschritten sowohl im Labor als auch in der Praxis sind wir beide anwesend und können direkt die akuten Probleme besprechen – zum Beispiel bei Einproben am Patienten.
Prof. Dr. Irena Sailer: Gerade am Anfang, als wir uns stark mit optischer Abdrucknahme beschäftigt haben, hat dieses enge Miteinander den Horizont extrem erweitert. Heute geht es hingegen eher in Richtung Materialvielfalt und neue Indikationen der monolithischen Rekonstruktionen. Weitere Stichworte sind die richtige Vorbereitung, der nötige Platzbedarf insbesondere für minimalinvasive Rekonstruktionen sowie die digitale Diagnostik.
Sind Sie sich immer gleich einig, oder gibt es auch mal Kontroversen über die richtige Vorgehensweise, die zu verwendenden Materialien etc.?
Vincent Fehmer: Nein, natürlich sind wir uns nicht immer gleich einig. Das ist wie überall im Leben. Aber das macht es ja schliesslich auch spannend – sonst würde der Spass fehlen.
Prof. Dr. Irena Sailer: Natürlich versuchen wir einerseits, uns an die von uns selbst definierten systematischen Kriterien zu halten. Andererseits gibt es aber natürlich auch immer wieder Grenzbereiche, in denen verschiedene Lösungen möglich sind. Da können die Meinungen mal auseinandergehen.
Was macht nach Ihrer Einschätzung ein gutes Dental-Team aus? Worauf kommt es bei der Zusammenarbeit Zahnarzt/Zahntechniker an?
Beide: Respekt und Verständnis füreinander sind unverzichtbar. Das Gleiche gilt für eine Kommunikation auf Augenhöhe. Und selbstverständlich muss auch die Chemie stimmen.
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Aus Ihren Beobachtungen im Alltag: Was lässt sich an der Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Zahntechniker noch verbessern?
Vincent Fehmer: Zahntechniker müssten sich meiner Ansicht nach mehr auf die Weiterbildung fokussieren und hier nicht nur den Vortrag oder Workshop besuchen, der die allerschönste Keramikschichtung zeigt. Sondern sie sollten sich auch den Dingen öffnen, mit denen sich Zahnärzte auseinandersetzen.
Prof. Dr. Irena Sailer: Darüber hinaus sind die Kommunikation und der Austausch von Daten unerlässlich. Dank der Digitalisierung – E-Mails, Apps – könnte das bereits heute sehr gut funktionieren. Leider werden die vorhandenen Möglichkeiten oft nicht genutzt.
Beide: Zusammengefasst lässt sich sagen: Beide Seiten sollten mehr Wert auf gezielte Teamweiterbildung legen.
Wie wird die Zusammenarbeit in Zukunft aussehen, wie sich angesichts der Digitalisierung in den nächsten Jahren nach Ihrer Einschätzung verändern?
Vincent Fehmer: Ich sehe sehr viel Potenzial für die Zahntechnik in der Zukunft – auch in Zeiten der digitalen Zahnmedizin. Neben der eigentlichen Herstellung von Rekonstruktionen liegt dieses meiner Meinung nach insbesondere in der beratenden Funktion. Das heisst: Bei all den neuen Materialien und Möglichkeiten, die uns schon zur Verfügung stehen, haben wir Zahntechniker mit unserem Know-how einen riesigen Vorsprung – und damit viele Möglichkeiten, uns positiv in das Dental-Team einzubringen.
Prof. Dr. Irena Sailer: Auch Zuarbeiten wie die Diagnostik von zahngetragenen Rekonstruktionen bis hin zur Vorbereitung zur geführten Chirurgie bieten viel Potenzial.
Frau Professorin Sailer, Herr Fehmer, wir danken Ihnen für dieses Interview.
Die Zukunft der Zahntechnik hat längst begonnen. Die digitale Revolution (CAD/CAM) macht auch vor der Dentalwelt nicht Halt. Wollen Sie wissen, wohin die Reise geht? Wir haben die sechs wichtigsten Trends für Sie zusammengetragen – basierend auf Interviews mit erfahrenen Anwendern, auf Laborbesuchen und auf Gesprächen mit Experten.
Prof. Dr. Irena Sailer ist Vorsteherin der Division für festsitzende Prothetik und Biomaterialien an der Universität Genf. 2003 wurde sie Oberassistentin bzw. Oberärztin an der Klinik für Kronen- und Brückenprothetik, Teilprothetik und zahnärztliche Materialkunde der Universität in Zürich/Schweiz. 2010 wurde sie dort Privatdozentin, 2012 wissenschaftliche Abteilungsleiterin an der Klinik für Kronen- und Brückenprothetik, Teilprothetik und zahnärztliche Materialkunde. Sie hat eine Gastprofessur in den USA inne.
Zahntechnikermeister Vincent Fehmer ist seit 2015 an der Klinik für festsitzende Prothetik und Biomaterialien an der Universität Genf tätig. Ausserdem führt er sein eigenes Dentallabor in Lausanne (beides Schweiz). Seine zahntechnische Ausbildung absolvierte er von 1998 bis 2002 in Stuttgart/Deutschland. Danach arbeitete er unter anderem in zahntechnischen Laboren in Grossbritannien und den USA.